Pädagogische Plaudereien
Vier (un)ernsthafte Bemerkungen über "die Jugend"
Auf einer Vollversammlung der Medizinischen Gesellschaft in Portsmouth flocht der Hauptredner in sein Referat vier vernichtende Bemerkungen über die Jugend ein:
Die erste: "Unsere Jugend liebt den Luxus, ist schlecht erzogen, hält die Obrigkeit zum besten und achtet das Alter gering. Unsere Kinder sind Tyrannen, erheben sich nicht, wenn ein Älterer den Raum betritt und widersprechen den Eltern. Ich sage es, wie es ist: Sie sind überaus schlecht."
Die zweite: "Hinsichtlich der Jugend unseres Landes habe ich alle Hoffnungen aufgegeben. Wenn die Jugend von heute morgen die Verantwortung übertragen bekommt, so wird das unerträglich, unausstehlich, ja schrecklich sein."
Die dritte: "Unsere Welt hat ein kritisches Stadium erreicht. Die Kinder gehorchen ihren Eltern nicht mehr. Offenbar ist das Ende der Welt nicht mehr weit."
Die vierte: "Diese Jugend ist bis in die Tiefe ihrer Seele hinein verderbt. Die jungen Menschen lügen, intrigieren und sind nachlässig. Niemals werden sie so sein wie die Jugend früherer Zeiten."
Nach lang anhaltenden Beifall des hochgelehrten Auditoriums offenbarte der Referent die Quellen seiner Weisheiten über die Jugend: Die erste stammt von Sokrates (vor 2300 Jahren), die zweite von Hesiod (vor 2700 Jahren), die dritte hinterließ ein ägyptischer Priester vor 4000 Jahren und die vierte stammt von einer babylonischen Tonkrugbeschriftung. Das Alter: 3000 Jahre.
Aphorismen, Zitate, Sprüche und Sprichwörter (aus Pädagogische Gedanken, Reichenberg, 1900)
"Das A-B-C des Schulmeisters ist wichtiger als das Bayonett des Soldaten" (H. Brougham)
"Wenn etwas auf Erden Gotteswerk genannt zu werden verdient, so sind es die Schulen, die Pflanzstätten der Humanität in ihrem ersten, tiefsten, unentbehrlichsten Fundament." (F.A.W.Diesterweg)
"Wer es dahin bringt, dass die Kinder gern lernen, wirkt mehr , als der, welcher sie zwingt, viel zu lernen." (G.F.Dinter)
"Das Schulwesen ist und bleibt allzeit ein Politikum." (Maria Theresia)
"Ein unterrichtetes Volk lässt sich leicht regieren." (Friedrich II.)
"Was man vor die Augen bringen kann, gibt man ihm am sichersten. (J.W.Goethe)
"Erst die Dinge, dann die Zeichen - erst die Anschauung, dann das Wort. (J.A.Comenius)
"Begriffe ohne Anschauung sind hohl." (J.Kant)
"Jeder Unterricht, auch der vortrefflichste, wird verderblich, sobald die physische Kraft der Kinder nicht gegen ihn im Gleichgewicht gehalten wird." (J.F.Herbart)
"Langweilig sein ist die größte Sünde des Unterrichts." (J.H.Pestalozzi)
"Abwechslung ergötzt." (Phaedrus)
"Man gehe nicht auf ein zweites über, bevor man nicht des Ersten mächtig, beim zweiten wiederhole man das Erste." (J.A.Comenius)
"Zuerst das Korn und dann den Sack." (W.Ratichius)
"Reicht der Blick, spare das Wort." (O.Gutermeister)
"Ein gemütvoller, frohsinniger Lehrer nimmt die Herzen der Jugend im Sturm, er ist ihrer Liebe sicher und das unterstützt seine schwere Arbeit am meisten." (F.Legler)
"Lehren kann nur der, der selbst gelehrt ist." (B.v.Beauvais)
"Nicht die Menge der Kenntnisse macht den tüchtigen Lehrer, sondern die Klarheit, die Bestimmtheit des Wissens und die Gewandtheit im Vortrage." (G.F.Dinter)
"Der gewissenhafte Lehrer hat bei seinem Privatfleiße stets seine Schule als Erstes und Letztes im Auge." (Hauschild)
"Sage nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst." (M.Claudius)
"Es ist keine Schande, nichts zu wissen wohl aber, nichts lernen zu wollen." (Sokrates)
"Durch Heiraten ohne besonnene Wahl und ohne hinlängliche Mittel zur Gründung und Erhaltung eines anständigen Haushaltes setzen sich bekanntlich viele Lehrer großen Gefahren für ihre Existenz und ihren Charakter aus." (Dr.F.Dittes)
"Ich kenne drei Nägel an dem Sarg eines Lehrers, wie man sprichwörtlich zu sagen pflegt: Streit mit den Kollegen, Zwiespalt mit den unmittelbaren Vorgesetzten, Uneinigkeit mit der Frau." (F.A.Diesterweg)
"Die Faulheit des Schülers muss durch den Fleiß des Lehrers ersetzt werden." (J.A.Comenius)
"Ein Volk, das sich Spielplätze und Turnhallen schafft, braucht seine Krankenhäuser und Irrenanstalten und Gefängnisse nicht zu vermehren." (Dr.J.Sticker)Einen vergnüglichen Einblick in das Lehrerleben vor fast 200 Jahren gibt das Handbuch der Schulmeisterklugheit:
3. Abschnitt "Das Privatleben des Schullehrers"
Die Gattin
§164
"Über die Gestaltung der häuslichen Verhältnisse überhaupt entscheidet nächst dem Charakter des Hausvaters in allen Ständen ganz insbesondere die Persönlichkeit der Hausfrau."
"Gar mancher Schullehrer würde sich nicht in die Schimpflichen Fesseln der Trunksucht und der Spielsucht geschlagen haben, wenn ihn nicht die Unwirtlichkeit oder die Unverträglichkeitder Gattin zu den ersten Schritten auf des Lasters Bahn verleitet hätte."
"Heil dagegen dem Schulmanne, ..., der in seiner Gattin eine gute Hausfrau gefunden hat." "Hier lernt er bewahren den kindlichen Sinn, der ihn seinen Schülern näher bringt, hier sich erwerben die Zufriedenheit mit seinem Erdenlose."
§166
"Aus dem obigen (§164 u. 165) ergibt es sich, wie wichtig für den Schullehrer die Wahl einer Gattin ist. Sie entscheidet über sein Lebensglück, wie über seine Lehrerwirksamkeit. Und doch lassen sich dem Jüngling bei diesem so ernsten Schritte kaum Ratschläge geben."
§167
"Ein allzu zeitiges Eheversprechen lenkt den Jüngling nicht minder von ernstem Fleiße ab und verstrickt ihn in manche Zerstreuungen, die ein gewissenhaftes Auskaufen der so wichtigen Vorbereitungszeit unmöglich machen, ..."